Die Abräumerin
Wer schon einmal bei mir zu Besuch war, weiß unser Balkon ist das eigentliche
Herzstück unserer WG: Insel der Glückseligkeit zwischen all den großen Häusern.
Sobald es die Witterung zulässt, ist er unser Esszimmer, die Chill-Out-Lounge, der
Garten-Ersatz und der Partykeller. Da er fast ein Drittel unserer Wohnfläche
hergibt, ist er riesig im Vergleich zu allem anderen. Umso trauriger ist es,
wenn man ihn wegen nass-kalt-schnee-Zuständen in manchen Monaten nicht benutzen
kann. Auch wenn es das Wetter in diesem Jahr wirklich gut mit uns gemeint hat,
dachte ich schon seit ein paar Wochen es wäre Zeit ihn abzuräumen und
winterfest zu machen.
Heute war dieser Tag gekommen und begleitet von einem kräftigen Wind flogen die Stunden nur so dahin und ehrlich gesagt, habe ich es wirklich genossen. Es war wie ein Jahresrückblick für die Hände, ein Dankgebet fürs Herz und viele Bilder für den Kopf. Ich habe meine Hängematte abgebaut, in der ich so viele Stunden gelesen, ausgeruht und so manche Sommernachts-Filmsession abgehalten hatte. Der Sonnenschirm wanderte in die Ecke und erinnerte an mich an gemeinsame Essen, Besuch von Freunden, gute Gespräche, Lachen, Sonntagnachmittagskaffees und wie schön es war im Sommer auf den warmen Steinplatten zu liegen.
Ich schnitt alle Pflanzen zurück, die mir mit ihrer Buntheit und Lebendigkeit so viel Freude bereitet hatten, die letzten rot, weiß, blauen Blüten und die überscharfen, aber sehr dekorativen Chilis wanderten in die Tonne. Die engste Pflanzen-Mensch-Beziehung hatte ich in diesem Jahr ganz sicher zu meinen Tomaten. Ich habe sie gefühlt ewig begossen, gepflegt, beobachtet und ihnen gut zugeredet, aber dann auch so oft gestaunt wie sie gelbverblüht winzige Wunder hervorbrachten, die irgendwann rot, reif und lecker wurden. Sie haben mich gelehrt, was Wachstum heißt und wie viel Zeit es braucht bis man etwas ernten kann.
Ich hab noch eine halbverrottete Serviette, Schokopapiere und Wachsreste von einem der Balkonfeste gefunden. Außerdem eine nasse Socke. Beim Kampf mit dem Moos dachte ich darüber nach, ob ich mich gleichzeitig darüber ärgern kann, dass es da wächst, wo es nicht soll und über seine Überlebenskraft staunen, die mit so wenig Nährboden aus allen Spalten und Ritzen trotzt. Eine gute Veranschaulichung von so manchen schlechten Gewohnheiten.
Als ich Fangen spielte mit dem was der Herbst auf unseren Balkon geweht hatte, musste ich an die Ordnungsliebe einer meiner Mitbewohnerinnen denken. So oft ich mich darüber lustig mache, dass sie ständig Sachen findet, die eigentlich niemand braucht und die deswegen dringend verschwinden sollten, so sehr merke ich auch, wie es erleichtern kann, wenn man weniger hat. Manchmal wirkt der kalte Freiraum erfrischender als das gemütliche Chaos. So funktioniert Seelenhygiene.
Nach all dieser Abräumerei sieht unser Balkon jetzt wirklich ziemlich leer und trostlos aus, er ist bereit für eine Ruhezeit und von einer glitzernden Schneedecke zugedeckt zu werden. Sein Geheimnis ist, dass so vieles, was im Moment wie tot wirkt nur Kräfte sammelt, um zum richtigen Zeitpunkt wieder auszutreiben. Mein Geheimnis ist unsere große graue Balkonbox, bei der ich hoffe, dass sie niemand Unbefugtes öffnet (also niemand außer mir). Sie enthält nämlich nicht nur die Hoffnung auf einen Neuanfang mit Samen, Blumenregalen, Dünger und Töpfen, sondern auch alles was aus der WG verschwinden sollte, aber keinen neuen Platz gefunden hat. Unter anderem eine Tüte Stroh von der ich mich nicht trennen konnte. Wer weiß, vielleicht brauchen wir sie irgendwann, damit das Leben wieder mehr knistert.
#Was würdest du gerne abräumen um wieder mehr Freiraum zu haben?
Heute war dieser Tag gekommen und begleitet von einem kräftigen Wind flogen die Stunden nur so dahin und ehrlich gesagt, habe ich es wirklich genossen. Es war wie ein Jahresrückblick für die Hände, ein Dankgebet fürs Herz und viele Bilder für den Kopf. Ich habe meine Hängematte abgebaut, in der ich so viele Stunden gelesen, ausgeruht und so manche Sommernachts-Filmsession abgehalten hatte. Der Sonnenschirm wanderte in die Ecke und erinnerte an mich an gemeinsame Essen, Besuch von Freunden, gute Gespräche, Lachen, Sonntagnachmittagskaffees und wie schön es war im Sommer auf den warmen Steinplatten zu liegen.
Ich schnitt alle Pflanzen zurück, die mir mit ihrer Buntheit und Lebendigkeit so viel Freude bereitet hatten, die letzten rot, weiß, blauen Blüten und die überscharfen, aber sehr dekorativen Chilis wanderten in die Tonne. Die engste Pflanzen-Mensch-Beziehung hatte ich in diesem Jahr ganz sicher zu meinen Tomaten. Ich habe sie gefühlt ewig begossen, gepflegt, beobachtet und ihnen gut zugeredet, aber dann auch so oft gestaunt wie sie gelbverblüht winzige Wunder hervorbrachten, die irgendwann rot, reif und lecker wurden. Sie haben mich gelehrt, was Wachstum heißt und wie viel Zeit es braucht bis man etwas ernten kann.
Ich hab noch eine halbverrottete Serviette, Schokopapiere und Wachsreste von einem der Balkonfeste gefunden. Außerdem eine nasse Socke. Beim Kampf mit dem Moos dachte ich darüber nach, ob ich mich gleichzeitig darüber ärgern kann, dass es da wächst, wo es nicht soll und über seine Überlebenskraft staunen, die mit so wenig Nährboden aus allen Spalten und Ritzen trotzt. Eine gute Veranschaulichung von so manchen schlechten Gewohnheiten.
Als ich Fangen spielte mit dem was der Herbst auf unseren Balkon geweht hatte, musste ich an die Ordnungsliebe einer meiner Mitbewohnerinnen denken. So oft ich mich darüber lustig mache, dass sie ständig Sachen findet, die eigentlich niemand braucht und die deswegen dringend verschwinden sollten, so sehr merke ich auch, wie es erleichtern kann, wenn man weniger hat. Manchmal wirkt der kalte Freiraum erfrischender als das gemütliche Chaos. So funktioniert Seelenhygiene.
Nach all dieser Abräumerei sieht unser Balkon jetzt wirklich ziemlich leer und trostlos aus, er ist bereit für eine Ruhezeit und von einer glitzernden Schneedecke zugedeckt zu werden. Sein Geheimnis ist, dass so vieles, was im Moment wie tot wirkt nur Kräfte sammelt, um zum richtigen Zeitpunkt wieder auszutreiben. Mein Geheimnis ist unsere große graue Balkonbox, bei der ich hoffe, dass sie niemand Unbefugtes öffnet (also niemand außer mir). Sie enthält nämlich nicht nur die Hoffnung auf einen Neuanfang mit Samen, Blumenregalen, Dünger und Töpfen, sondern auch alles was aus der WG verschwinden sollte, aber keinen neuen Platz gefunden hat. Unter anderem eine Tüte Stroh von der ich mich nicht trennen konnte. Wer weiß, vielleicht brauchen wir sie irgendwann, damit das Leben wieder mehr knistert.
#Was würdest du gerne abräumen um wieder mehr Freiraum zu haben?
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