Steingut: Kostbar in deinen Augen

Eine ganze Weile hat sie mich nur beobachtet, als wäre sie zu schüchtern mich anzusprechen.
Mila. Entdeckerin. Feine blonde Zöpfe und Zahnlücke. Nur verhalten antwortete sie auf meine Fragen bis sie auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen kam.
"Sind das deine Steine?", fragte sie mich und meinte die kleine Sammlung, die ich zum Trocknen unter dem Baum ausgelegt hatte.
"Ja, aber du kannst dir welche aussuchen, ich kann sie sowieso nicht alle mit nach Hause nehmen", antwortete ich ihr, denn ich hatte die eigentliche Frage hinter ihren Worten verstanden.
Ich hätte erwartet sie würde sich  die Schönsten nehmen und ihres Weges gehen, aber sie blieb weiter stehen und wartete. Ein paar Minuten später hatte ich meine Sachen zusammengepackt und schaute mir die Steine nochmal an und packte meine Lieblinge ein: den Engelsflügel, die schwarze Kuh, das Schwert- Fantasie macht Spaß. 
Das war ihr Moment: Nachdem sie sich sicher war, dass ich alles hatte, was ich wollte, stürtzte sie sich darauf, als wäre es ein großer Schatz und nicht nur eine handvoll kleine schöne Steine, die es in millionenfacher Ausgabe am Strand zu finden gäbe. Ich war gespannt, ob sie alle nehmen würde oder nur ihre Lieblinge. Als ich kurz vor meiner Abfahrt unter den Baum schaute, war die Schatzkammer leer. Es war als wäre alles, was ich als schön bewertet hatte, ohne Frage kostbar.
Und ich lerne von Mila, der Schatzsucherin, immer wieder nach dem zu streben, was in deinen Augen kostbar, schön und gut ist und es zu meinem größten Schatz zu machen.

>> Das Reich der Himmel gleicht einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte, als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles was er hatte und kaufte sie. << Matth. 13,45f.

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